Positionen der UWG-Aachen
Die UWG-Aachen strebt ein verzahntes, klimafreundliches Netzwerk verschiedenster Verkehrsträger an. Dazu bedarf es zahlreicher kleinteiliger Lösungsschritte. Vielfalt ist der beste „Masterplan“ für die Verkehrswende.
In den anstehenden Diskussionen zur Mobilität ist ein zentrales Thema das Zusammespiel unterschiedlicher Teilnnehmer*innen im städtischen Verkehr. Kfz haben fahrend und ruhend einen großen Flächenbedarf und eine im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern eine ungünstige Umweltbilanz. Spätestens seit Mitte des 20. Jahrhunderts bestimmt eine Kfz-freundlich ausgerichtete Infrastruktur die Nutzung unserer städtischen Räume. Dabei hat sich erwiesen, dass die ständig erfolgte Ausweitung des Raumes für Kfz keine Abhilfe schuf.
Neue Verkehrskonzepte müssen in erster Linie umweltverträglich sein und sie müssen eine zügige und schnelle Anbindung ermöglichen. Ein nicht zu vernachlässigbarer Aspekt ist die Akzeptanz durch die Nutzer. Neben der Aufgabe von A nach B zu kommen, sollten zu fördernde Verkehrsträger auch Nebennutzen wie die persönliche Gesundheit, eine umweltschonende oder einfach eine freudige, „lustvolle“ Beförderung bieten.
Fast alle wollen die Kfz-reduzierte Innenstadt – doch wie geht das?
Grundsätzlich ist eine Reduktion der zulässigen Geschwindigkeit innerorts anzustreben. Hierzu unterstützen wir die Forderungen u.a. des VCD für Tempo 30 (bzw. Tempo 50 bei baulich getrennter Verkehrsinfrastruktur für Fahrräder, z.B. Krefelder Straße, unterer Teil).
Es ist illusorisch eine Kfz-freie Innenstadt von heute auf morgen einzufordern. Doch mit der Ringstruktur hat Aachen sehr gute Voraussetzungen, diese übergeordnete Zielsetzung in abgestimmten Teilschritten umzusetzen. So lassen sich Beschränkungen für private Fahrzeuge schrittweise für Nicht-Aachener und Nicht-Anwohner, über CO2-Ausstoß-Grenzen oder eingeschränkte Einfahrzeiten erwägen. Auch eine Citymaut sollte kein Tabu sein. Denn betroffene Anwohner, die ihre privaten Kfz weiter nutzen müssen oder wollen, gewinnen im Gegenzug für eine Anwohnermaut ein Vielfaches an Wohn- und Lebensqualität!
Es sind aber natürlich Alternativen und Ausbauten zu schaffen, und zwar sowohl für den Individualverkehr als auch für den ÖPNV. Dazu sind vielerorts Schnittstellen zwischen den Mobilitätsarten einzurichten. Dies gilt bspw. für den Umstieg aus dem Kfz auf dem Weg in die Innenstadt, aber im besonderen Maß auch für die Anbindung von Außenbezirken an die Innenstadt. Die Maßnahmen sind im zeitlichen Ablauf ineinander verzahnt. Hinsichtlich des notwendigen Baus bzw. auch Rückbaus sind solche Schritte für Anwohner und für die Stadtkasse akzeptabel zu gestalten.
Der Kfz-Verkehr stört derzeit den Mobilitätsfluss aller anderen Verkehrsteilnehmer. Weitere Netzdurchtrennungen für den Kfz-Verkehr wie bereits am Elisenbrunnen hat zusätzliche Vorteile für angrenzende Wohn- und Stadtgebiete (Lärmschutz, Luftqualität).
Eine gerechtere Aufteilung des Straßenraums ist überfällig. Ohne entsprechende Flächen können die Anteile von Fußgängern und Fahrradfahrern am Verkehrsaufkommen (Modal Split) nicht verbessert werden.
Neben dem Individualverkehr muss notwendige Mobilität erhalten bleiben für die Ver- und Entsorgung der städtischen Struktur. Für Aachen wichtig ist ebenso ein reibungsloser Verkehr für Besucher und Touristen.
Neuer Individualverkehr auf dem Vormarsch
Im Bereich der Individualmobilität setzt die UWG-Aachen auf verbesserte Fußgänger-Freundlichkeit, barrierefreie Wege, kleinteiligen E-Verkehr (shared Scooter & Fahrräder), sowie auf den privaten Fahrrad-, Krad- und Scooter-Verkehr. Viele dieser Forderungen an die zukünftige Mobilität finden sich bereits im „Radentscheid Aachen“.
Die UWG fordert im kommunalpolitischen Rahmen die vollständige und zügige Umsetzung der dort angeführten Maßnahmen. Ein fahrradfreundliches Aachen ist von Beginn an ein zentrales Thema der UWG. Zahlreiche Ratsanträge und unsere konkreten Positionen und Vorschläge zeugen davon.
Individualverkehr auf Sharing-Basis hat sich in Aachen in den vergangenen Jahren bereits kommerziell etablieren können. Modelle zur Mitarbeiter-Mobilität durch Nutzung von Firmenfahrrädern und Kleinst-Elektro-Fahrzeugen sind ein weiterer Baustein neuer Verkehrsformen.
Die erfreuliche Entwicklung ist aufmerksam zu verfolgen, und für die Stadt sind begleitende Verbesserungsmaßnahmen zu ergreifen. Dies erfordert mehr Raum für Fahrrad und Kleinfahrzeuge. Es sollte zudem geprüft werden, ob in städtischen Fuhrpärken vorgehaltene Kfz-Kapazitäten durch ressortübergreifende Nutzung moderner Kleinfahrzeuge reduziert werden kann.
Innerstädtische Logistik – neu gedacht!
Zur Versorgung der Stadt mit Lebensmitteln und Konsumwaren sieht die UWG für Aachen die Möglichkeit, durch die Schaffung von Logistikzentren innerstädtischen Verkehr zu reduzieren. Solche Waren- und Güterumschlagszentren müssen von außen gut an Straße und Schiene angebunden sein. Sie sind am Umschlagsort mit einer zu schaffenden innerstädtischen Versorgungsinfrastruktur verzahnt.
Hier kommt eine Verteilung durch autonome Transportfahrzeuge (RWTH: Duck-Train), aber auch durch innerstädtische Kurierdienste mit Lastenrädern in Betracht. Letztere bergen interessantes Potenzial für neue Beschäftigung in der Stadt. Solche Warenumschlags- und Kurier-Dienstleistungen können durch Händler und Kunden ebenso zum Abtransport von Waren aus der Stadt, bspw. zum geparkten Pkw oder zur Wohnung genutzt werden.
In Fußgängerzonen bestehen bereits zeitliche Einschränkungen für den Liefer- und Paketverkehr Diese lassen sich zügig erweitern auf Bereiche zur Begünstigung von Fußgängern, Fahrrad und ÖPNV. Ist gleichzeitig die lokale Kurier-Dienstleistung mit Lastenrädern oder anderen Kleinstfahrzeugen verfügbar, wird diese beflügelt. Die oben aufgezeigten Logistikzentren können schnell effizient wirken.
ÖPNV mit deutlichem Ausbaupotenzial
Neben der Deutschen Bahn und den Taxibetrieben beschränkt sich ÖPNV in Aachen derzeit auf den Busverkehr der ASEAG. Hier wurden in den vergangenen Jahren durch die Schaffung gesonderter ÖPNV-Fahrspuren schon einige Verbesserungen erzielt.
Zum Teil sind die Maßnahmen jedoch nicht immer konsequent wirksam. Zunehmender Lieferverkehr durch Paketdienste und Kurz-Falschparker sind häufig hinderlich. Gleiches gilt heute im Übrigen besonders für Fahrradspuren. Ursächlich dafür ist der durch Kfz stark frequentierte Raum bei nur begrenzt verfügbarer Fläche bspw. zum kurzfristigen Be- und Entladen.
Eine zentrale Forderung zur weiteren Verbesserung des ÖPNV muss daher die Eindämmung des vermeidbaren Kfz-Verkehrs sein. Alle Maßnahmen sind zu ergreifen, um eine Verbesserung der Takteinhaltung für Buslinien zu erzielen. Dies darf dabei nicht nur auf Bereiche in der Innenstadt beschränkt sein, sondern gilt auch für Streckenabschnitte, die die Außenbezirke betreffen. Die Außenbezirke müssen einen hochfrequenten und schnellen ÖPNV erhalten, um zusätzliche Fahrgäste für diese Routen zu gewinnen.
Es sollte zugleich angestrebt werden, den ÖPNV für die Nutzer kostengünstiger darzustellen. Insbesondere für Jugendliche und Benachteiligte fordern wir sofort einen kostenlosen ÖPNV. Unser mittelfristiges Ziel ist der kostenlose ÖPNV für Alle.
Dazu müssen neue Wege entwickelt werden, die Finanzierung des ÖPNV darzustellen. Grundsätzlich besteht seitens der öffentlichen Hand eine (oftmals versteckte) finanzielle Bevorzugung des Kfz-Individualverkehrs im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern. Dieses Missverhältnis muss aufgehoben werden.
Abgehobener ÖPNV!
Ein außerordentlich großes Potential zur entlastenden ÖPNV-Ergänzung ist für Aachen in modernen Seilbahn-Konzepten zu sehen. Bereits im Vorfeld der gescheiterten Entwicklung zur sogenannten Campusbahn zeigten Machbarkeitsstudien im Auftrag der Stadt dieses Potenzial auf.
In der im Dezember 2009 vorgelegten Studie ausführlich beschrieben ist als Alternative zur bodengebundenen Stadtbahn eine Seilbahnlinie vom Uni-Klinikum, über den Melaten- und Westcampus, das Audimax und das Super-C führende Seilbahnstrecke. Diese ist optional über die Vaalser Strasse bis zum Dreiländerpunkt erweiterbar. Eine Erweiterung zum Bushof wird ebenso beschrieben.
In der Bewertung der untersuchten Alternativen hat sich die sogenannte 3-Seil-Gondelbahn hinsichtlich Baukosten und -zeit, Flächenbedarf, Betriebskosten, Lärmbelastung und Energiebedarf als hervorragend erwiesen. Das Gutachten kam in seinem Votum zu dem Schluss, dass für die Verbindung zwischen Klinikum und Super-C (Strecke der „Campusbahn“) die Seilbahn die beste aller untersuchten Varianten ist:
„Als Einstieg in ein mittelfristiges gesamtstädtisches System ist die Straßenbahn / Stadtbahn die beste Variante, wobei aus Gründen der ÖV-Beschleunigung und der entsprechenden Förderung, soweit es die Stadträume zulassen, ein besonderer Bahnkörper ausgebildet werden sollte.
Für eine Insellösung zwischen Uni-Klinikum und Super C ist die 3-Seil-Umlaufbahn die beste Wahl; eine Verlängerung Richtung Vaals und Dreiländerpunkt ist problemlos möglich, Erweiterungen in der Stadt sind dagegen kaum realistisch.“
hier ungekürzt zitiert: das Votum der Lindschulte+Kloppe Ingenieurgesellschaft aus der Machbarkeitsstudie von 2009, Seite 79
Wie kann denn das sein?
Die Stadt entschied sich dennoch für die bodengebundene Straßenbahn / Stadtbahn. Begründet wurde dies mit einer möglichen späteren Ausweitung des Streckennetzes im Stadtgebiet. In 2020 lässt sich konstatieren, dass seit dem Scheitern des Projektes „Campusbahn“ die Aachener Kommunalpolitik sich viel zu zögerlich um eine Lösung des nach wie vor bestehenden Verkehrsbedarfes bemüht hat.
Es ist für die UWG-Aachen nicht nachvollziehbar, warum man nach dem Scheitern nicht unmittelbar die gutachterlich bessere Variante der Seilbahn verfolgt hat. Aufgrund der kurzen Bauzeit könnte diese heute seit mindestens 5 Jahren in Betrieb sein! Stattdessen haben sich die verkehrstechnischen Herausforderungen für einen effizienten ÖPNV zur Verbindung zwischen Klinikum und Super-C seit 2012 noch stärker zugespitzt.
Durch Institute der RWTH (Up-Bus – Campus West-Melaten) und auch durch die UWG sind weitere Seilbahnlinien in die Diskussion gebracht. Dies sind hoffnungsvolle Ansätze, die dringend weiter verfolgt werden sollten.
Wir haben den Mut!
Der Klimawandel erfordert nachhaltiges Handeln – SOFORT!
Manche unserer Vorschläge mögen für den Einen oder Anderen auf den ersten Blick radikal, unbequem oder abwegig erscheinen. Wir sind jedoch überzeugt, dass eine wirklich umweltfreundliche städtische Verkehrspolitik allen Bürgern sehr schnell einen großen Zugewinn an Lebensqualität schenken wird. Und in diesem lebenswerten städtischen Miteinander kann jeder Einzelne sich mit seinem Handeln für unsere Zukunft aktiv einsetzen.
Lesen Sie hier weiter, um zu erfahren wie die UWG-Aachen den Kfz-Besucherverkehr in den innerstädtischen Bereich reduzieren will und damit gleichzeitig mehr Besucher in die Stadt kommen werden.
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